Kiezkrankenhäuser werden kaputt gespart – was tun?

Autor: IKA

Am Freitag, den 7. Februar, fand in der „Roten Ella“, dem Stadtteilladen des STK

Wedding, die Veranstaltung statt „Kiezkrankenhäuser werden kaputt gespart – was tun?“,

organisiert von der Initiative kämpfende Arbeiter:innen (IKA) und dem STK Wedding.

Besonders im Fokus standen die drohende Schließung des DRK Mitte, sowie die

Kündigungen im Jüdischen Krankenhaus (JKB) und insgesamt die katastrophale Lage für

Beschäftigte und Patient:innen. Wir sprachen mit Krankenhausmitarbeiter:innen aus

dem Jüdischen Krankenhaus (JKB) und dem DRK Mitte, die eindrücklich von

Unsicherheit, Frustration und Wut berichteten. Ein kämpferischer Geist war spürbar –

doch die Herausforderungen sind enorm.

Kündigungen, Unsicherheit und Missmanagement

Die Situation im JKB ist dramatisch: Zum 31. Januar wurden zahlreiche Mitarbeitende

gekündigt, einige werden noch bis Juni entlassen. Die Stimmung ist von Hilflosigkeit

geprägt, berichtet Shirin*, die seit den 90ern als Pflegefachkraft im JKB arbeitet. „Das

Gesundheitssystem ist schon kollabiert“, sagt sie. „Die Pflege steht jeden Tag am

Abgrund.“

Auch im DRK Mitte herrscht Unsicherheit. Eine plötzliche Mitarbeiterversammlung

kündigte die Schließung des Krankenhauses an – die Presse wusste es bereits vor den

Beschäftigten. Nun sollen Teile des Krankenhauses ins DRK Westend verlagert werden.

Dabei sollen Abteilungen die es im DRK Westend noch nicht gibt mitgenommen werden,

die die sich doppeln, fallen weg. Ärztliches Personal aus den Bereichen die nicht

mitgenommen werden, wird gekündigt, während Funktionsdienst und Pflege vorerst

weiterbeschäftigt werden sollen. Besonders ältere Pflegekräfte stehen vor einer

schwierigen Entscheidung: sich an neue Strukturen anpassen oder aufgeben?

Die Misswirtschaft ist offensichtlich. Leasingkräfte, die deutlich teurer sind als

festangestellte Pflegekräfte, werden systematisch eingesetzt, um Organisierung und

Streik zu verhindern. Häufig auch ohne die nötige berufliche Erfahrung im jeweiligen

Bereich. Zudem werden im Servicebereich externe Dienstleister eingesetzt, die sich

nicht um Fortbildungen und Sprachkurse für ihre Mitarbeiter:innen kümmern, so spricht

das Personal häufig schlecht Deutsch und ist überfordert. Dem Leasingunternehmen ist

das egal. Statt langfristige Lösungen zu finden, wird Personal hin- und hergeschoben,

während Patient:innen und Beschäftigte die Leidtragenden sind.

Patient:innen im Stich gelassen

Zwar bekommen viele Patient:innen die prekäre Lage in den Krankenhäusern nicht direkt

mit, doch die Auswirkungen sind spürbar. Dem JKB haben viele Stamm-Patientinnen den

Rücken gekehrt. Zu lange Wartezeiten, schlechte Versorgung, schmutzige Zimmer. Das

Pflegepersonal fehlt an allen Ecken und Enden. Währenddessen wurde ein teurer

Neubau fertiggestellt, der aufgrund von Personalmangel nicht einmal betrieben werden

kann.

Auch das DRK-Krankenhaus leidet unter dem Sparzwang. Besonders betroffen sind

spezialisierte Abteilungen, die Patient:innen aus ganz Berlin anziehen. Eine davon ist die

unter der Leitung des ersten türkischen Chefarztes. Die geplante Krankenhausreform

verschärft die Lage zusätzlich: 250 Betten werden im Wedding wegfallen. „Das Klientel

wird sich nicht einfach verteilen“, sagt Johannes, Internist im DRK. „Die

Notfallversorgung wird noch schwieriger.“

Kritik an der Gesundheitspolitik: Profite statt Menschen?

Die Krankenhausreform, die eigentlich das Fallpauschalen reformieren sollte, hat

bisher keine Wirkungen gezeigt. Die Finanzierung folgt weiterhin

wirtschaftlichen Maßstäben, nicht dem Bedarf der Patient:innen. Während in

Skandinavien Polikliniken und eine starke ambulante Versorgung existieren, müssen

Berliner Patientinnen monatelang auf Arzttermine warten oder landen direkt in der

Rettungsstelle, wo sie häufig gar nicht hingehören. Krankenhäuser sind zu Unternehmen

geworden, mit der Folge, dass Pflegekräfte vor allem dokumentieren, statt zu pflegen.

„Wir haben kein Gesundheitssystem, sondern ein Gesundheitsmanagementsystem“,

bringt es Johannes auf den Punkt. „Es geht nicht um Menschen, sondern um Profit.“

Widerstand formiert sich – doch es braucht mehr Druck

Trotz aller Frustration gibt es auch Hoffnung. Streikbereitschaft ist vorhanden,

besonders im JKB. Doch es fehlt an gewerkschaftlicher Organisierung, vor allem im DRK,

wo viele Beschäftigte der Schwesternschaft angehören – einer strukturell schwachen

Organisation.

Es gibt Solidaritätsgruppen und erste Proteste, doch die Krankenhausleitungen

versuchen, Belegschaften gegeneinander auszuspielen. Während die DRK-

Mitarbeiter:innen um ihre Arbeitsplätze kämpfen, freut sich die JKB-Geschäftsführung

insgeheim über die Chance, freiwerdende Fachkräfte anzuwerben.

Die Kernforderung der Beschäftigten ist klar: Weg mit den Fallpauschalen, mehr

Personal, ein Ende der Profitlogik im Gesundheitswesen! Doch ohne massiven

öffentlichen Druck und politische Veränderungen wird sich wenig ändern.

Wie kann man von außen unterstützen?

Die Veranstaltung machte deutlich: Wer helfen will, muss sich einmischen. Solidarität

mit streikenden Krankenhausbeschäftigten, Teilnahme an Protestaktionen, öffentlicher

Druck auf die Politik – all das ist nötig, um den Kurs in der Gesundheitspolitik zu ändern.

Die nächsten Monate werden entscheidend sein. Klar ist: Die Beschäftigten sind nicht

bereit, diesen Abbau kampflos hinzunehmen. „Es ist jeden Tag ein neuer Kampf“, sagt

Shirin. Und dieser Kampf hat gerade erst begonnen.

*Name zur Anonymisierung geändert


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