Berliner Senat verschleppt sein Versprechen


CFM-Beschäftigte der Charité kämpfen für eine 100%ige Rückführung in den TVöD.


Im September 2024 begann die Unterschriften-Sammlung von ver.di für die Aufkündigung des Haustarifvertrags der CFM-Beschäftigten (Charité Facility Management). Das Ergebnis: mehr als die Hälfte der Angestellten stimmt dafür, den Vertrag zum 31.12.2024 aufzukündigen. Wir führten ein Interview mit Marek Zimmer*, der für TVöD-Löhne in der Charité-Tochter CFM kämpft.

Geführt von Fiona Meier

Am Montag den 30. September konnte die Belegschaft der CFM und ihre ver.di Mitglieder eine Petition an die Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) und den Personalvorstand der Charité Carla Eysel übergeben. Wie ist die Stimmung bei den Beschäftigten?

Die Leute sind richtig sauer! In einigen Berufsgruppen gibt es Brutto-Unterschiede im Monatsgehalt von bis zu 800 Euro gegenüber den hauseigenen Angestellten. Sie haben noch die alten Verträge, bevor die nichtmedizinischen Dienstleistungen outgesourct wurden. Einige von uns haben eine 39-Stunden-Woche und bringen manchmal nur 1600 Euro Nettogehalt nach Hause. Und davon sollen wir unsere Miete zahlen! Andere bekommen gar keine Vollzeitstelle mehr und müssen in Teilzeit arbeiten. Wir sind ca. 3000 nichtmedizinische Angestellte, von denen nur ein paar Hundert noch die alten Gehälter bekommen. Die Prekarität ist dem Berliner Senat bekannt. Er verschleppt aber sein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, welcher eine Rückführung der CFM-Beschäftigten in die Charité vorsieht.

Was genau fordert die Belegschaft jetzt in ihrer Petition?

Wir fordern, dass der Berliner Senat sein Versprechen einhält und die CFM-Beschäftigten in den TVöD zurückführt. Die tatsächliche Forderungsfindung steht jedoch noch aus und wird unser nächster Schritt im Arbeitskampf sein. Denn eine Tarifauseinandersetzung wird es mit unserer Abstimmung jetzt so oder so geben. Der derzeitige Haustarif stammt von 2021 und endet am 31.12.2024. Damit auch unsere Friedenspflicht, das heißt, dass wir bisher nicht streiken konnten. Ende September wurde der Senats-Haushalt für das kommende Jahr verabschiedet und wir haben unsere Petition übergeben, die die Kündigung des Haustarifs beinhaltet. Es ist bereits vorgesehen, dass der Berliner Senat 39 Mio Euro in die landeseigenen Krankenhäuser investiert. Das wird jedoch nicht reichen, um gleiche Löhne für die gleiche Arbeit zu bekommen und uns in den TVöD zu überführen. Der Senat kann außerdem entscheiden, für was er das Geld ausgibt und z.B. neue medizinische Zentren bauen, anstatt die Angestellten der CFM ordentlich zu bezahlen. Uns wurde schließlich schon seit geraumer Zeit versprochen, dass das Land die CFM wieder in den Mutterkonzern eingliedert.

Bedeutet das, dass die Belegschaft bereit ist zum Streik, falls der Senat sein Versprechen nicht einhält?

Auf jeden Fall, denn wir sind bereits gut gewerkschaftlich organisiert! Wenn wir sagen „wir fordern mindestens 100% TVöD“, dann meinen wir, dass durch unsere Arbeit der Krankenhausbetrieb am Laufen gehalten wird und wir in einigen Bereichen so viel Druck aufbauen können, dass wir sogar mehr fordern können als den TVöD. In unserem alten Tarif ist die Inflation und Preissteigerung kaum mit einberechnet. Außerdem haben wir nur eine klägliche Inflationsprämie von 115Euro bekommen. Es reicht uns einfach! Die schlechte Bezahlung ist eine Missachtung unserer Arbeit und unser Gehalt reicht kaum um über die Runden zu kommen.

Einige von euch sind in der Berliner Krankenhausbewegung aktiv, die in den vergangenen Jahren vor allem durch streikende Pfleger:innen bekannt wurde. Wie sieht eure Zusammenarbeit gerade aus?

Ich bin selbst dort aktiv und wir unterstützen uns natürlich. Im kommenden Jahr beginnt die neue Tarif-Runde der medizinischen Beschäftigten von Charité und Vivantes und wir sehen hier viel Potenzial um unsere Aktionen zu verbinden. Du siehst, wir gehen nicht davon aus, dass der Senat seinen Kurs ändern wird und unseren Forderungen nachkommt. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass man sich auf Politiker:innen und Konzernchefs nicht verlassen kann. Wenn wir bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen haben wollen, müssen wir uns das erkämpfen. Die Erfahrungen aus der Krankenhaus Bewegung sind dabei von großem Wert: Unsere Kolleg:innen aus der ehemaligen CPPZ (Charité Physiotherapie und Präventionszentrum GmbH) haben 2020 bewiesen, dass eine Rückführung in den Mutterkonzern möglich ist. Auch der Entlastungstarif in der Pflege ist ein Vorbild für viele andere Angestellte von Krankenhäusern, die jetzt ähnliches erkämpfen wollen.

Das heißt, im kommenden Winter beginnt die „heiße Phase“ eures Arbeitskampfes. Wie kann man euch unterstützen, wenn man nicht Mitglied bei ver.di ist oder bei der Charité arbeitet?

Durch öffentliche und mediale Aufmerksamkeit und die Unterstützung durch die Besuche an unseren Streikposten, falls wir in den Streik gehen müssen. Dort kann man direkt mit uns ins Gespräch kommen und wir können von unserem Berufsalltag berichten und erklären für was wir kämpfen. In den Medien sehe ich immer mehr, wie gegen Arbeitskämpfe Stimmung gemacht wird. Obwohl die Leute doch wissen, dass einem freiwillig nichts geschenkt wird! Durch Besuche unserer Streikposten kann man sich informieren und man übernimmt nicht einfach den streik-feindlichen Kanon vieler Medien und Politiker:innen. Es ist unser Recht für eine angemessene Bezahlung zu kämpfen. Wir halten den Betrieb im Krankenhaus am Laufen. Wir reinigen, reparieren und sorgen für eine reibungslose Logistik. Dass der Senat das Geld nicht in die Gesundheit stecken will, schadet letztlich uns allen. Deshalb sind wir bereit zu kämpfen!


Das Charité Facility Management (CFM) ist ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Charité. Es besteht aus zwölf Leistungsbereichen, die alle nichtmedizinischen und nichtpflegerischen Dienstleistungen umfassen – Gebäudereinigung, Technik, Gartenarbeit, Krankentransport etc.. 2006 gegründet um die Dienstleistungen aus dem Mutterkonzern auszulagern, befinden sich die ca. 3100 Beschäftigten immer wieder im Streik für bessere Löhne. Im Gegensatz zu ihren 21 500 Kolleg:innen des gesamten Charité-Konzern, die nach dem TVöD bezahlt werden, richten sich ihre Löhne derzeit nach einem schlechter bezahlten Haustarif.

* Name geändert

Erschienen im Oktober 2024, ika-berlin.org


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