Das „Generationenkapital“ der Ampelregierung – Aktienrente kommt 2023

Finanzminister Lindner hat seine Pläne für die Aktienrente unter dem Namen „Generationenkapital“ vorgestellt und die Ampelregierung hat zugestimmt. Bereits 2023 soll nun ein Darlehen in Höhe von 10 Milliarden Euro den Rentenfonds eröffnen, um Ende der 2030er Jahre die gesetzliche Rente mit den Renditen des Fonds aufzustocken.

Autorin: Maria Kaminski

Was sieht das Vorhaben „Generationenkapital“ vor?

Ein Viertel aller deutschen Rentner:innen sind von Altersarmut betroffen, Tendenz steigend. Den Grund hierfür sehen deutsche Politiker:innen im demografischen Wandel. Immer mehr Rentner:innen, denen Rente ausgezahlt werden soll und immer weniger Werktätige, die in die Rentenkassen einzahlen. Also muss der Bund Jahr für Jahr mehr als 100 Milliarden Euro aus dem Haushalt in den Rententopf zuschießen, immerhin fast ein Drittel des Rentengesamtvolumens von 350 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.

Der im Wahlkampf der FDP angekündigte Ansatz, um das Problem des demografischen Wandels im Umlagesystem auszuhebeln, sah Folgendes vor: die „gesetzliche Aktienrente“. Angelehnt an das schwedische Model sollte ein kleiner Prozentsatz des Bruttoeinkommens jedes Werktätigen monatlich in eine kapitalgedeckte Altersvorsorge angelegt werden, die als Fonds verwaltet wird und dessen Renditen später die Renten aus dem Umlagesystem ergänzen sollten.

Von dieser Idee ist nach den Koalitionsverhandlungen der Ampelregierung kaum noch etwas übrig geblieben, außer natürlich der Subventionierung von Konzernen. Das „Generationenkapital“ sieht vor, dass die Staatskasse die nächsten 15 Jahre ein Darlehen in Höhe von 10 Milliarden Euro jährlich an einen zweckgebundenen Fond finanziert, damit hier ein möglichst großer Kapitalstock aufgebaut werden kann, welcher dann Aktien und Anleihen an der Börse kauft, in der Hoffnung dass die Gewinne aus diesem Fonds die gesetzliche Rente stärken. Das bedeutet auch, dass der Fonds erstmal beim Staat Schulden macht – Schulden, die zurückgezahlt werden müssen, Schulden, für die Zinsen gezahlt werden müssen. Selbst wenn der Fonds also Gewinn macht, wird dieser Gewinn durch die Zinsen der Finanzierung geschmälert – oder eben die Verluste bei ungünstiger Aktienentwicklung erhöht.

Höhere Renten für Rentner:innen sind durch die Aktienrente nicht vorgesehen und noch viel weniger ist dadurch der Schutz vor Rentenkürzungen, wie der Erhöhung des Renteneintrittsalters, gewährleistet.

Demografischer Wandel als Sündenbock
Deutsche Politiker:innen – die im Übrigen noch nie einen einzigen Cent in die Rentenkassen gezahlt haben! – lieben vor allem eins: dem demografischen Wandel an allem die Schuld zu geben. Es ist wahr; Deutschlands Bevölkerung wird älter. Gleichzeitig ist die Arbeitsproduktivität in Deutschland deutlich höher, als in vergangenen Jahrzehnten. Das bedeutet, dass eine werktätige Person eigentlich mehr Rentner:innen finanzieren könnte, würden sich die Löhne eben auch mit der Arbeitsproduktivität erhöhen. Die Summe, die in die Rentenbeiträge eingezahlt wird, steigt und fällt mit den Löhnen, denen diese Beiträge abgezweigt werden. Dumm nur, dass sich die Löhne nicht real erhöhen. Ganz im Gegenteil: FDP, CDU und SPD sind verantwortlich für den sich immer flächendeckender aufbauenden Niedriglohnsektor, in dem 1. Werktätige keine oder sehr niedrige Beiträge in die Rentenkasse zahlen, 2. jede Erhöhung des Beitragssatzes für die Rente sich verheerend auf die Lebensqualität der Werktätigen auswirkt und der 3. mitverantwortlich dafür ist, dass die Renten die Lebenshaltungskosten der Rentner:innen bei weitem nicht decken können – dafür reichen die Löhne ja nicht mal!

Die Ausrede vom demografischen Wandel sagt also wenig darüber aus, wie viel eigentlich in die Rentenkasse gezahlt werden kann. Viel eher zementiert sie jede dystopische Politik, die uns unter der Führung der bürgerlichen Parteien in den nächsten Jahrzehnten erwarten wird: Kürzung der Renten, Kürzung der Sozialleistungen, niedrige Löhne, nicht zuletzt: die Einschränkung der reproduktiven Rechte von Frauen. Das „Generationenkapital“ ist dieser Logik folgend keine Maßnahme, die die Renten stärken will, sondern eine, die dafür sorgen wird, dass Löhne niedriger werden: denn sind die Sozialleistungen von den Gehältern der Werktätigen entkoppelt, dann kann der Niedriglohnsektor (Zeitarbeit, Leiharbeit, Minijobs) weiter ausgebaut werden.


Die Herren spekulieren, die Proleten sammeln Pfandflaschen
Jahrzehntelang hat man Arbeiter:innen dazu geraten, zu sparen in private Altersvorsorgen und Lebensversicherungen zu zahlen. Selbst wenn man sich das leisten konnte, so muss man heute als Rentner:in feststellen: selbst das Angesparte wird von der Inflation weggefressen, deren treibende Kraft überhaupt die Spekulation an den Finanzmärkten ist.

Die gleichen privaten Altersvorsorgen und Versicherungskonzerne sind es nun, die weiterhin Nutznießer der Altersarmut sein werden. Lindners Generationenkapital wird nicht zuletzt diese Konzerne mit staatlichen Geldern subventionieren. Wie er in einem gemeinsamen Interview mit Anja Mikus, CEO der KENFO (die zukünftig den Aktienfonds verwalten soll) mitteilte, „wolle man nicht in Pennystocks investieren“ – anders gesagt: man wird milliardenschwere Investments in Monopole schwemmen.

Es handelt sich hierbei nicht um eine Investitionen in die Produktion, sondern um die Spekulation mit Aktien und anderen Geldanlagen. Hier geht es nicht um Werte, sondern um Zukunftserwartungen an der Börse. Diese Zukunftserwartungen in Form von hohen Renditen sind nur zu erzielen durch eine zunehmende Finanzialisierung der Wirtschaft, also einer zunehmenden Umwandlung aller Wirtschaftsbereiche in Finanzinstrumente. In den USA beispielsweise kann man beobachten, dass das Wachstum des Pensionsfunds auch eine Inflation der herkömmlichen Vermögenswerte und niedrige Renditen be-deutet. Also muss in alternative Anlageklassen investiert werden – z.B. Private-Equity-Funds. Private-Equity-Funds erzielen Gewinne, indem sie private, nicht börsennotierte Unternehmen aufkaufen, darauf spekulieren ihren Wert zu steigern und letztendlich die Anteile gewinnbringend zu verkaufen. Dabei sind die beliebtesten Unternehmen Immobiliengesellschaften, Krankenhäuser und Pflegeheime, was bedeutet, dass Pflegekosten und Mieten steigen, aber Löhne in den aufgekauften Sektoren gedrückt werden, um die Gewinne zu maximieren. Bilanz: Werktätige werden nicht nur um ihre Arbeitskraft, sondern um ihre Lebensgrundlage beraubt, Rentner:innen bekommen nicht das was ihnen zusteht, sondern die Krümel, die man ihnen an anderer Stelle raubt und die Kapitalisten machen ein ganz großartiges Geschäft. Ähnlich kann es auch in Deutschland werden.

Wer hat noch nicht Rentner:innen gesehen, die nach einem ganzen Leben Arbeit noch Pfandflaschen sammeln müssen, um zu überleben? Wir müssen uns sputen. Rentner:innen verdienen nicht nur ein Leben und ein Altern in Würde, sondern auch zu sehen, dass andere Zustände möglich sind. Und zwar noch in diesem Leben.

Erschienen im April 2023, Zeitung des BDK „die proletin“, Ausgabe 03, Seite 10


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